// Bild: ©picture alliance/dpa/Boris Roessler
Ich habe meinen täglichen Weg mit dem Fahrrad zur Arbeit tatsächlich so optimiert, dass ich auf 22 km nur drei Ampeln überqueren muss. Eigentlich ein Luxus. Und trotzdem bin ich nicht zufrieden. Denn genau die letzte Ampelkreuzung hat es in sich. Vier Straßen und ein unabhängiger Radweg treffen aufeinander. Aus drei Richtungen kommen Busse auf die Kreuzung zu und profitieren von ihrer Vorrangschaltung. Also stehe ich vor dem Rotlicht, warte minutenlang und wünsche mir den grünen Pfeil für Radfahrer. Die Kreuzung ist LKW-tauglich dimensioniert und ich müsste nur den Fußgängerweg vor mir überqueren, könnte dann rechts abbiegen und käme mit keinem Fahrzeug in Konflikt. Aber es ist rot. Darf ich dann endlich fahren, erlebe ich das Gleiche in grün: Ich biege rechts ab und muss auf die kreuzenden Fußgänger achten. Hier wäre ein Pfeil, der mir als Radfahrer das Abbiegen erlauben würde, perfekt.
Frankreich macht es vor
Seit 2012 gibt es in Frankreich die dreieckigen Verkehrszeichen mit den gelben Fahrradpfeilen als nationales Recht.
Dass so etwas funktioniert, zeigen andere Länder schon lange. Seit 2012 gibt es in Frankreich die dreieckigen Verkehrszeichen mit den gelben Fahrradpfeilen als nationales Recht. Nach einer mehrjährigen Testphase hatte man sie auf Grund der positiven Erfahrungen für das ganze Land eingeführt. Und die Franzosen gehen tatsächlich sehr weit. Nicht nur Rechtsabbiegen ist gestattet, sondern teilweise auch die Geradeausfahrt und an wenigen Stellen auch das Linksabbiegen. Das funktioniert angeblich selbst in Städten wie Paris ohne zu mehr Unfällen zu führen. Auf meiner Radreise durch Frankreich erlebte ich die gelben Pfeile in manchen Städten als völlige Selbstverständlichkeit an vielen Kreuzungen. In Holland, dem Land der „Fietsers“, gibt es ähnliches schon seit 1999. Belgien hat die französische Regelung übernommen, aber die Grenzen sind bis heute nicht offen genug, um dieses gute Konzept auch einfach zu uns zu bringen.
Deutschland testet grün
Grünpfeil nur für Radfahrer, Pilotprojekt in Köln
Aber halt – es gibt Hoffnung: Seit Anfang 2019 wird in neun deutschen Städten der grüne Radfahrerpfeil getestet. Es könnte ja sein, dass die deutschen Radfahrer gefährlicher oder gefährdeter als die französischen sind. Also hat sich Deutschland eine einjährige Testphase verordnet und will 2020 entscheiden. In einem Land, in dem sich die Verkehrsplanung überwiegend nach dem Autoverkehr richtet, wäre der grüne Radfahrerpfeil in meinen Augen ein kleines Zugeständnis an die Radfahrer, das lange überfällig ist. Auf Grund der Ampelschaltungen muss man mit dem Bike meist spätestens an der dritten Ampel wieder stoppen. Anfahren geschieht dann im Pulk mit den Autos. Es könnte so viel einfacher und sicherer sein.
Raus aus dem Pulk
Als Radfahrer bin ich viel unmittelbarer mit dem Verkehr verbunden. Ich sehe die Fußgänger schneller, höre Gefahren herankommen und werde immer defensiv fahren, da ich im Falle der Kollision der Dumme bin. Daher sind die sehr gemischten Erfahrungen mit dem grünen Pfeil für Autos nicht auf Radfahrer zu übertragen. Ich denke, das werden Bamberg, Darmstadt, Düsseldorf, Köln, Leipzig, München, Münster, Reutlingen und Stuttgart im Laufe dieses Jahres beweisen. Was in der Metropole Paris funktioniert, kann auch uns voranbringen. Die Umsetzung in der Lead City Bonn dürfte dann ja nicht mehr lange auf sich warten lassen. Und das Verhalten der Anarchos unter uns Radfahrern würde plötzlich kein Verstoß mehr sein. Also los.
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